Nr. 33 - Maurer und Maurer
Affolter: Es gibt zu wenig Maurer.
Sieber: Der Mangel an Fachkräften ist ein Problem.
Affolter: In meiner Kindheit wurden Maurer mit einer Plakatkampagne gesucht. Mit dem Slogan "Werde Maurer, baue die Zukunft". Auf dem Foto lachte einem ein flotter Jungspund an.
Sieber: Heute wird eben betoniert, da braucht es keinen Maurer mehr.
Affolter: Nicht?
Sieber. Leider nein. Ausserdem wird jetzt vermehrt auf Holz gebaut.
Affolter: Dann ist ein Hölziger gefragt.
Sieber: Hölzige sind zu weich, die sägen und schmirgeln und kommen auf keinen grünen Zweig. Höchstens etwas Tanniges wäre denkbar.
Affolter: Oha, ein Tännler. Vielleicht darf es auch etwas Modernes sein, ein Mechatroniker .
Sieber: Jetzt ist ein Gastronom an der Reihe.
Affolter: Was du nicht sagst. Kann man die Schweiz mit dem bauen?
Sieber: Selbstverständlich, Röschti ist jetzt hoch im Kurs, da braucht man sich um unser Land keine Sorgen zu machen. .
Affolter: Also heisst der Slogan jetzt "Auf Röschti bauen, in die Zukunft schauen"?
Sieber. Exakt. Ausserdem ist man mit Röschti äusserst mobil.
Affolter: Das auch noch?
Sieber: Autoimporteure, Lastwagengewerbe, Heizölindustrie, alle bauen auf Röschti.
Affolter: Sind diese Gastronomen nicht ein wenig engstirnig.
Sieber: Keineswegs, beweglich wie ein Pudding.
Affolter: Ich meine nur, in der Brasserie Lorraine schmeissen sie jetzt nebst den Rastalockigen auch Soldaten und ausgewählte Politiker raus.
Sieber: Das ist eine radikale Minderheit. Der grosse Rest hat ein klares Fundament, schmackhaft und biegsam.
Affolter: Ob man die Schweiz so bauen kann? Ich weiss nicht...
Sieber: Schluss jetzt, das ist nicht der Moment für Klatsch und Tratsch aus dem Baugewerbe.
Affolter: Schade, ich fand das Thema unverfänglich und inspirierend.
Sieber: Herrgott, die Welt ist aus den Fugen. Der Russe steht vor den Toren Europas, in Britannien hält ein Salatkopf länger hin als die Premierministerin, in Deutschland lassen die Grünen die AKWs länger laufen. Und jetzt wird bei uns noch jemand für die Regierung gesucht.
Affolter: Da ist ja eine Menge los.
Sieber: Und gerade ist der neue SVP-Katalog eingetroffen.
Affolter: Dann schau mal, ob man bei denen jetzt statt Maurerkellen vielleicht Pfannen bestellen kann.
Sieber: Sie bieten so einiges an. Da ist etwa der Meisterschütze aus Mülchi, mit dazugehöriger Munition. Oder ein Briefkastenonkel aus Zug...
Affolter: Also keine Pfannen?
Sieber: Dann wäre da noch aus Zürich ein Herr Professor Vogt.
Affolter: Dabei hiess es doch bei denen: "Keine fremden Vögte".
Sieber: Hier geht es um eigene Vögte, nicht um fremde.
Affolter: Vogt bleibt für mich Vogt. Übrigens: nur Männer?
Sieber: Eine Miss aus Nidwalden erweitert das Angebot..
Affolter: Wieso Miss, haben die dort Miss-Wahlen?
Sieber: Sie vermutet, dass sie Engländerin ist.
Affolter: Dann muss sie sich aber beeilen mit ihrer Kandidatur. Sonst geht es ihr wie Miss Truss und dem welkenden Salatkopf.
Sieber: Sie darf vor allem keine Zeit mit der Suche ihres britischen Passes verplempern.
Affolter: Hat dieser SVP-Katalog noch mehr zu bieten?
Sieber: Nun ja, es wird noch etwas diskret unter dem Ladentisch gehandelt.
Affolter: Ui!
Sieber: Das ist nur für Hartgesottene, nennt sich MMB.
Affolter: Sagt mir nichts.
Sieber: Magdalena...
Affolter: Herzlichen Dank, da bekomme ich Albträume. Aber eigentlich geht dann dieser Röschti...
Sieber: Rösti.
Affolter: Meinetwegen Rösti. Also, der geht dann wohl in den Bundesrat.
Sieber: Warten wir ab, bis es am 7. Dezember heisst: "Gewählt ist mit 156 Stimmen...":
Affolter: Ein Pudding?
Sieber: Vieleicht auch das Orakel aus Herrliberg.
Bern, 30. Oktober 2022