Zugegeben, alte weisse Männer sind gerade nicht angesagt: zu alt, zu weiss, zu nervig. Kurz, einfach unmöglich. Dennoch melden sich AFFOLTERundSIEBER zu Wort, und zwar deutlich. Aus Lust an der Kritik und aus Ärger über die herrschenden Zustände. Als da unter anderem wären: die Macht der Konzerne, die Hilflosigkeit der Politik, die Zumutungen des Alltags. Und natürlich auch die grässliche Fröhlichkeit der RadiomoderatorInnen.
Freuen Sie sich auf überraschende Dialoge von AFFOLTERundSIEBER. Schalten Sie ein, wenn es wieder heisst: "Jetzt reden wir".
Nr. 56 - Das grosse Verschwinden
Affolter: Verrückt, dort drüben wird schon wieder gelocht.
Sieber: Das ist wegen dem Trump. Aber ohne mich.
Affolter: Unser Bundesplatz wird doch nicht aufgerissen, wenn es dem Trump so einfallen sollte.
Sieber. Doch, genau darum. Und wegen dem Wahlen.
Affolter: An die letzten Wahlen erinnere ich mich nur schwach. Die SVP hat wieder einmal zugelegt, und die Grünen verloren. Glaube ich.
Sieber: Ich meine der Wahlen, nicht die Wahlen.
Affolter: Gut, das Gendern ist etwas aus der Mode gekommen. Dann halt der Wahlen.
Sieber: Traugott Wahlen war während dem zweiten Weltkrieg Bundesrat. Und der hat die Anbauschlacht in unserem Land ausgerufen.
Affolter: Jaja, tempi passati.
Sieber: Die guten alten Zeiten kommen wieder zurück.
Affolter: Was du nicht sagst. Du meinst, auf dem Bundesplatz werden wieder Kartoffeln angebaut, so wie damals?
Sieber: Wenn dieser Bauernpräsident auch noch in den Bundesrat gewählt wird...
Affolter: Aha, also doch die Wahlen...
Sieber: ...besteht unsere Regierung zu zwei Dritteln aus Leuten, die aus dem Agrarsektor kommen.
Affolter: Und wegen denen sollen auf dem Bundesplatz jetzt Kartoffeln gepflanzt werden?
Sieber: Und wegen dem Trump. Aber wie gesagt: ohne mich. Der Trump will, dass in seinem Land produziert und konsumiert wird. Der Rest geht im am A... vorbei.
Affolter: Und unser Bundesrat will es ihm gleich tun?
Sieber: Es heisst jetzt Bauernrat, nicht mehr Bundesrat. Unsere Regierung setzt auf Bsschütti als Wachstumsmotor, totale Selbstversorgung eben.
Affolter: Dann wird es für uns zwei also ungemütlich, hier auf dem Bundesplatz?
Sieber: Alle sind von Sinnen, deshalb gehe ich auch.
Affolter: Wohin?
Sieber: Was weiss ich, ich ziehe mich in mich selbst zurück. Das wird mir alles zu viel hier.
Affolter: Und was soll ich? Mit wem soll ich mich auf dem Bundesplatz jetzt unterhalten?
Sieber: Zum Beispiel mit diesem Hund dort drüben.
Affolter: Dieser Berner Senn? Ich weiss nicht, sind die nicht etwas ländlich, vielleicht gar reaktionär?
Sieber: Ich finde, er sieht ganz nett aus. Auf jeden Fall gehe ich jetzt, macht's gut, du und der Hund...
Affolter: He, du da, bei Fuss!
Hund: Mein Herr?
Affolter: Du kannst sprechen?
Hund: Jawohl. Und es wäre mir recht, wenn Sie mich siezen würden. Das ist eine Unart der Menschen, sie meinen, man könne jedes Tier duzen.
Affolter: Also nochmal: Sie können sprechen wie ein Mensch?
Hund: So ist es. Ich heisse übrigens Fritz, Herr Fritz, eigentlich Friedrich von Dürrbach, aber wir Bernburger machen seit einigen Jahren eher auf Understatement.
Affolter: Und Sie sprechen mit allen Leuten hier auf dem Bundesplatz in unserer Sprache?
Herr Fritz: Nicht unbedingt, eigentlich bis jetzt nur mit Ihnen.
Affolter: Und warum ausgerechnet mit mir, wenn ich fragen darf?
Herr Fritz: Ich finde Sie spassig.
Affolter: Schön. Leider muss ich jetzt gehen.
Herr Fritz: Ich auch.
Affolter: Wo wohnen Sie? Nach einem herumstreunenden Hund sehen Sie nicht aus.
Herr Fritz: Dort drüben bei der Baustelle.
Affolter: Im Bundeshaus?
Herr Fritz: Ein Bundesweibel hat mir ein Plätzchen angeboten. Nicht schlecht, muss ich sagen.
Affolter: Dann sind Sie sicher bestens informiert und können mir verraten, warum der Bundesplatz aufgerissen wird. Mein Kollege behauptet nämlich, man wolle hier Kartoffeln pflanzen.
Herr Fritz: Keineswegs. Man reisst nicht auf, sondern schüttet zu.
Affolter: Stimmt, jetzt seh ich es auch. Säckeweise Fünfliber werden dort ins Loch reingeleert. Wissen Sie, was der Bundesrat dort auffüllt?
Herr Fritz: Das Finanzloch.
Bern, 22. Februar 2025