AFFOLTERundSIEBER
der satirische Polit-Blog

Nr. 46 - Der Besuch

 Sieber: Wenn wir doch nur eine Zeitschrift hätten...

Affolter: Bitte schön, gleich unten Richtung Bellevue hat's einen Kiosk, dort findest du bestimmt ein Heftli.

Sieber: Selbst eine Zeitschrift besitzen müsste man.

Affolter: Für mich tönt das defizitär und ziemlich anstrengend.

Sieber: Nicht unbedingt. Man muss die richtigen Leute einladen und ausgesprochen höflich mit ihnen umgehen, dann bezahlt einem der Staat einen schönen Teil der Betriebskosten. Als Verleger ist man schliesslich der freien Marktwirtschaft verpflichtet.

Affolter: Das gefällt mir besser. Ich wäre nämlich schon lange gerne einmal mit Polizeieskorte zu einem Diner in einem Erstklasshotel gefahren.

Sieber: Das kommt am Schluss, zuerst muss man sich als Verleger einen gewissen Ruf erwerben.

Affolter: Aber bitte keinen schlechten, da bin ich heikel.

Sieber: Nun gut, höflich muss man zu Autokraten sein, ansonsten kann man kräftig zulangen. Auch vor Unwahrheiten sollte man keinesfalls zurückschrecken.

Affolter: Aso schön, wie soll dein Blättchen heissen?

Sieber: Alles, nur nicht "Rechtslastige Wochenpostille".

Affolter: Ich würde sie "Die Welt am Abgrund" nennen, da greift man gerne zu.

Sieber: Das passt ausgezeichnet zur aktuellen Weltlage.

Affolter: Und wen laden wir zu einem Gedankenaustausch und anschliessendem Höflichkeitsbesuch bei gelangweilten Bundesräten ein?

Sieber: Jemand, der es nötig hat. Die Prominenten werden heutzutage ständig mit Schmutz beworfen.

Affolter: Dann schlage ich Murat Yakin vor.

Sieber: Ich weiss nicht, Fussballer ergehen sich meistens in Plattitüden.

Affolter: Greta Thunberg wäre ein klingender Name.

Sieber: Auf keinen Fall, die hat bei der Klimabewegung gerade erst den Selbstzerstörungsknopf gedrückt.

Affolter: Dann halt doch jemand aus der Politik, momentan gibt es bei dieser Spezies viele Frustrierte und Wutentbrannte.

Sieber: Nur: der Aebischer war schon auf den Titelseiten einiger Wochenpostillen, das wackere Evi hat am Zibelemärit Trost gefunden und dieser Strafrechtsprofessor aus Zürich darf sich nun bei einem Höflichkeitsbesuch beim Bundesrat nicht noch selbst die Hand schütteln.

Affolter: Dafür findet sogar seine Ex-Freundin, dass die Sozis so etwas von gemein seien.

Sieber: Das ist mir alles zu kleinkariert.

Affolter: Dann kehren wir zurück zu diesen Autokraten. Da wäre zum Beispiel...

Sieber: Nur über meine Leiche.

Affolter: Ich habe noch gar keinen Namen genannt.

Sieber: Die sind alle gleich unappetitlich. Hetzen gegen Ausländer und die EU, dabei kassieren sie deren Hilfsgelder ab.

Affolter: Nur dass du es weisst: ein Maurer kommt mir nicht ins Verlagshaus.

Sieber: Kein Problem, ist mir zu gefährlich und ausserdem bin ich eher ein Hölziger.

Affolter: Wo der das nur her hat: "demokratiegefährlich"?

Sieber: Eben, vom Autokratendiner im Dolder. Für diese Sorte Leute ist die Demokratie gefährlich. Und wer ist am gefährlichsten in einer Demokratie? Die öffentlich-rechtlichen Medien. Voilà.

Affolter: Dann ist es also gar nicht so leicht, eine Verlegertagung mit einem prominenten Gast abzuhalten.

Sieber: Es gibt da jemanden, wenn wir den organisieren könnten, wären uns die Schlagzeilen sicher.

Affolter: Beeil dich, unsere Zeitschrift sollte bald in den Druck gehen.

Sieber: Es gibt jemand, der von allen sehnlichst erwartet wird, ein Sympathieträger par excellence, hoch angesehen, hohe Moral und doch ein Segen für die Wirtschaft in dieser Jahreszeit. Und seine Begleitung hat grosse Ohren.

Affolter: Aber doch nicht etwa King Charles?

Sieber: Viel beliebter. Und total unumstritten.

Affolter: Was du nicht sagst. Wer ist dieser Wunderknabe?

Sieber: Der Samichlaus!

Bern, 11. Dezember 2023