Affolter: Du machst einen ramponierten Eindruck..
Sieber: Kunststück. Ich komme in der Kramgasse aus dem Eichenberger und werde über den Haufen gerannt.
Affolter: Ein Truffes-Dieb?
Sieber: Fanatische Sportsmenschen, rasen durch die engen Gassen und schauen weder links noch rechts. Zuerst trainieren sie für den Grand Prix, jetzt treibt sie der Frauenlauf in die Lauben.
Affolter: Hast du jemanden erkannt? Eventuell waren es die Bundesrätinnen auf ihrem morgendlichem Frauenlauf-Training.
Sieber: Also, die eine rief mir ein "Excusez-moi, cher Monsieur" zu und die andere "Nämets nid zschwer" und "Vergälts Gott".
Affolter: Dann ist alles klar.
Sieber: Ich glaube, die halten sich fit, um bei einer Gefährdungslage rasch das Weite zu suchen.
Affolter: Die Mitglieder unserer Regierung müssen auf jede Eventualität vorbereitet sein.
Sieber: Aber bitte sehr doch nicht in der Kramgasse die Leute über den Haufen rennen, die können ihr Training auch beim Bundeshaus absolvieren .
Affolter: Aber Achtung: Auf der Bundesterrasse hat es immer wieder seltsame Gestalten.
Sieber: Klar. Kürzlich am Abend, als ich spät über die Bundesterrasse auf dem Heimweg war, wen treffe ich da?
Affolter: Den Anarchisten aus dem Mani Matter-Lied?
Sieber: Ein drahtiger Typ, der mich wegrempelt. Er müsse da rauf sagt er, und dann ist er im Klettergstältli mit Seil und Haken nach oben verschwunden.
Affolter: Das war einer dieser Sportkletterer. .
Sieber: Die Ängstlichen unter unserer Volksvertretung fürchten sich jetzt vor Anschlägen.
Affolter: Einigen im Bundeshaus schwirrt der Anarchist von Mani Matter im Kopf herum: "S länge für z Spränge paar Seck Dynamit".
Sieber: Der Sprengstoff heisst in unserem Land eher "Weltoffenheit". Wir brauchen kluge Köpfe in der Politik, nicht Fitnesswütige und Amazonen.
Affolter: Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper kann nicht schaden, um die Geschicke unseres Landes zu leiten. Mens sana...
Sieber: Verschon mich mit deinem Bildungsbürgertum.
Affolter: Wenn du schon von zwei Bundesrätinnen malträtiert worden bist, würde dir etwas Bewegung gut tun.
Sieber: Deshalb gehe ich heute nach Stäfa.
Affolter: Du bist schlecht informiert. Diese Gender-Woche der Schulen von Stäfa ist abgeblasen. Deinen Vortrag kannst du dir schenken.
Sieber: Was heisst hier Vortrag. Ich bin in Stäfa zum Alternativprogramm eingeladen.
Affolter: Was du nicht sagst. Und was wäre das?
Sieber: Ein Gender-Lauf!
Bern, 10. Juni 2023